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Blink 3 von 12 - Eine kurze Geschichte der Menschheit
von Yuval Noah Harari
Wie eine Nation sich ihr Denken einredet – und daraus Politik macht
Den Spruch „Du bist, was du isst“ hören wir oft. Doch nicht nur unsere Nahrung, auch die Sprache, die wir hörend oder lesend aufnehmen, bestimmt unser Sein – und das mehr, als wir denken. Ein Wort zu verstehen, bedeutet nämlich auch, dass unser Körper es „nachahmt“.
In der Linguistik wird dieser Vorgang Embodied Cognition genannt. Er beschreibt, wie wir Sprache gewissermaßen verkörperlichen. Wer beispielsweise das Wort „Hammer“ sieht, wird als erstes an Werkzeuge, hämmern oder vielleicht an eine wuchtige Überraschung denken. Doch nicht nur das: Unser Gehirn simuliert unbewusst auch die Bewegung des Hämmerns. Durch die Aktivierung neuronaler Netzwerke erfassen wir das Wort „Hammer“ so in all seinen Facetten.
Die US-amerikanischen Forscher Bargh, Chen und Burrows konnten dieses Phänomen 1996 auf beeindruckende Weise in einer Studie verdeutlichen. Die Wissenschaftler gaben ihren Probandengruppen jeweils einen Text zu lesen. Bei der ersten Gruppe war dieser neutral formuliert, bei der zweiten dagegen gespickt mit Wörtern wie „alt“, „Rente“ oder „vergesslich“. Nachdem die Testpersonen den Text gelesen hatten, wurde die Studie offiziell für beendet erklärt. Doch da begann erst das eigentliche Experiment. Die Forscher untersuchten, wie sehr sich die Probanden von den eben gelesenen Wörtern beeinflussen ließen. Dafür wurde bei jeder Person die Geschwindigkeit gemessen, mit der sie vom Testraum zum Fahrstuhl ging.
Das Ergebnis war beeindruckend: Diejenigen, die den Text mit den Wörtern, die Alter suggerierten, gelesen hatten, gingen langsamer und vorsichtiger, auch wenn sie körperlich jung und topfit waren. Ihr Gehirn hatte jedoch beim Lesen simuliert, wie es wäre, alt und gebrechlich zu sein. Dies beeinflusste kurzzeitig das Verhalten der Probanden.
Diese physische Suggestionswirkung hat damit zu tun, dass wir Wörter nie isoliert voneinander lernen und gebrauchen, sondern immer in bestimmten Kontexten. So geht jedes Wort mit einer Vielfalt an tiefgründigen Hintergrundinformationen, Erfahrungen und Gefühlen einher – diese Umgebung wird Frame oder auch Deutungsrahmen genannt.
Bei dem Wort „Vogel“ denken wir zum Beispiel nicht nur isoliert an das Tier. Unser Gehirn erinnert sich gleichzeitig an den Himmel, an Vögel, Nester und Vogelschwärme. Durch ein sprachliches Signal aktiviert, ruft unser Gehirn also ein ganzes Vorratslager an Informationen ab, die wir seit Kindheitstagen sammeln. In der beschriebenen Studie gehörte zum Frame von „alt“ und „Rente“ eben auch das vorsichtige Gehen alter Menschen, das die Gehirne der Probanden aktivierten.
Der Frame ist also ein Teil des Prozesses, wie wir Sprache verstehen. Und so hat jedes einzelne Wort eine weiter gefasste Bedeutung, als uns bewusst ist. Und diese hat gewichtige Auswirkungen auf unsere Wahrnehmung von der Welt.
Framing bedeutet, dass unterschiedliche Formulierungen ein und desselben Sachverhalts mit unterschiedlichen Hintergrunderfahrungen verbunden sind: Wie man etwas sagt, hat Auswirkungen darauf, wie es beim Empfänger ankommt. Gerade im politischen Diskurs werden Begriffe wie „Klimawandel“, „Erderwärmung“ oder „Sozialhilfeadel“ bewusst gewählt, um eigene Interessen durchzusetzen und Probleme zu verschleiern. In unseren Blinks zu Politisches Framing (2016) gehen wir Framing-Effekten auf den Grund und helfen dir, sie zu erkennen.
„Wir begreifen, was einer sagt, indem unser Gehirn so tut, als würden wir selbst es sagen.
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von Yuval Noah Harari