Name: Hier geht’s lang!
Rating: 4 (25 reviews)
Author: Elke Heidenreich

Was drin ist für dich: Elke Heidenreichs Leben und Lesen.

Elke Heidenreichs Leben stand schon immer im Zeichen der Literatur. Die Autorin, Literaturkritikerin und Journalistin ist vor allem eins: eine begeisterte Leserin. Von Kindesbeinen an hatte sie Nase stets in einem Buch. Dabei suchte sie nicht nur nach spannenden Geschichten, sondern auch nach Antworten zu Fragen über die Welt, das Leben und sich selbst. Wenn Heidenreich heute auf ihre Lesebiografie zurückblickt, stellt sie fest, dass es insbesondere die Bücher anderer Frauen waren, die sie berührt und nachhaltig geprägt haben.

In Hier geht’s lang! schreibt sie darüber, welche Werke berühmter Autorinnen sie in welchen Lebensphasen begleitet und zu dem Menschen gemacht haben, der sie heute ist. Wir von Blinkist haben Heidenreichs wichtigste Lesestationen für dich herausgesucht und in einen liebevollen Blink verpackt – für Frauen, Männer und alle dazwischen. So erhältst du nicht nur einen sehr persönlichen Einblick in das Leben und Lesen der Frau Heidenreich, sondern bekommst nebenbei noch den ein oder anderen Buchtipp an die Hand.

Kindheit: Mit Selma Lagerlöf und Enid Blyton auf ins Abenteuer

Elke Heidenreich wuchs zu einer Zeit auf, in der die Erinnerungen an den Zweiten Weltkrieg noch frisch waren und als dunkle Schatten über Deutschland lagen. Das Land lag teilweise noch in Trümmern; Angst, Hunger und Verzweiflung steckten den Menschen noch in den Knochen. Kein Wunder, dass sich die kleine Elke in Märchen und Geschichten flüchtete.

Zu den wichtigsten Lektüren ihrer Kindertage gehörten die Märchen der Gebrüder Grimm, die sie in magische Welten mit verwunschenen Prinzessinnen, finsteren Wäldern und prächtigen Schlössern entführten. Diese Geschichten waren weit mehr als fantasievolle Erzählungen: Gemeinsam mit Dornröschen, dem gestiefelten Kater und dem Froschkönig lernte die junge Elke ihre ersten Lektionen über Gut und Böse, über Mut und Ausdauer.

Ein besonders bedeutendes Buch ihrer Kindheit war Die wunderbare Reise des kleinen Nils Holgersson mit den Wildgänsen von Selma Lagerlöf. Es sollte ihre erste wahrhaft literarische Erfahrung werden. Die Schönheit der Sprache beeindruckte sie und zog sie in eine neue Dimension des Erzählens, in der das Wie fast wichtiger war als das Was. Nils' Reise durch Schweden, seine Verwandlung und seine Abenteuer öffneten ihr die Augen dafür, wie Literatur die Seele eines Menschen zum Klingen bringen kann.

Wie zur damaligen Zeit üblich, wurde Elke auch mit typischen Mädchenbüchern versorgt, die im Nachhinein recht stereotype Geschlechterrollen und ein sehr konservatives Frauenbild vermittelten. Bücher wie die Nesthäkchen-Reihe von Else Ury und die Pucki-Bände von Magda Trott zeichneten ein idealisiertes Bild von braven und angepassten Mädchen, die lieb und artig sein sollten, um später eine gute Ehefrau und Mutter zu werden. Obwohl Heidenreich diese Bücher als Kind begeistert verschlang, erkannte sie schon bald die Begrenzungen dieser Rollenbilder.

Eine wahre Befreiung waren für sie deshalb die Abenteuergeschichten von Enid Blyton. Die bis heute berühmte Fünf-Freunde-Serie bot ein völlig anderes Bild von Kindern: Hier waren die Mädchen mutig, frech und unabhängig. Blytons Bücher zeigten der jungen Elke, dass auch Mädchen ihre eigenen Geschichten schreiben und aufregende Abenteuer erleben können.

So lernte sie schon früh, dass Bücher eine Quelle von Wissen und Stärke sein können – ein Ruhepol, wo man sich für den Ernst des Lebens wappnen und Kopf und Herz weiterbilden kann. Das Fundament ihrer lebenslangen Lesefreude war gelegt.

Frühe Jugend: Herzklopfen mit Carson McCullers und soziale Fragen mit Hans Fallada

Mit klopfendem Herzen kauert sich Mick Kelly ins Gras unter das hell erleuchtete Fenster einer prächtigen Villa. In dieser Villa leben reiche und kluge Menschen, aus dem Fenster erschallt unbeschreiblich schöne Musik von einem Mann namens Mozart. Mick ist ein junges Mädchen aus einer armen Familie. Mit der ganzen Inbrunst ihrer Jugend sehnt sie sich nach Schönheit, Ruhe und Sicherheit. Wie gerne würde sie auch in so einem Haus leben, einen Plattenspieler besitzen oder sogar selbst Symphonien komponieren.

Diese Szene stammt aus dem Roman Das Herz ist ein einsamer Jäger von der US-amerikanischen Schriftstellerin Carson McCullers. Er gehört zu den Büchern, die Elke Heidenreichs Teenagerzeit entscheidend prägten. Denn Mick – mit ihren Träumen und ihrem Lebenshunger – fand Elke, war wie sie.

Studium: Christa Wolf, Hannah Arendt und Simone de Beauvoir als weibliche Vorbilder

Universitäten sind moderne Tempel des Wissens, keine Frage. Oft genug sind sie aber auch exklusive Altherren-Clubs. Das war auch zu Elke Heidenreichs Zeiten so. So sehr sie es genoss, in die Welt von Fichte, Hegel, Kant und Co. einzutauchen, so sehr sehnte sie sich auch nach weiblichen Identifikationsfiguren, von denen sie lernen konnte und deren Schaffenskraft sie inspirieren würde. Wieder einmal wurde sie in der Literatur fündig.

Besonders viel Mut schöpfte sie aus der Entdeckung von Frauen, die gegen die Konventionen ihrer Zeit gekämpft hatten, um sich Gehör zu verschaffen. Frauen wie etwa die Dichterin Karoline von Günderode, die trotz aller Widrigkeiten in einer von Männern dominierten Welt zu ihrer poetischen Stimme fand. Eine andere große Dichterin und Schriftstellerin, Christa Wolf, setzte ihr 200 Jahre später ein literarisches Denkmal: In ihrer Erzählung Kein Ort. Nirgends verwickelt sie Karoline von Günderode und Heinrich von Kleist in eine fiktive Unterhaltung über Sinn und Unsinn der Aufspaltung des Menschen in weiblich und männlich. Dieses Büchlein begleitete die junge Heidenreich durch ihre Universitätsjahre und liegt ihr bis heute am Herzen.

Die frühen Berufsjahre: Feministisches Erwachen mit Susan Sontag und Betty Friedan

Als Elke Heidenreich erwachsen wurde, erwachte nach und nach auch die Feministin in ihr. Sie entdeckte das Lesen als einen Akt der Selbstermächtigung und als schier grenzenlose Quelle, um in das Denken und Fühlen gleich gesinnter Frauen einzutauchen.

In den 1970er-Jahren begann Heidenreich beim Radio zu arbeiten und Bücher zu rezensieren. Dabei wurde ihr klar, wie sehr sie sich vor allem von den Werken von Frauen angesprochen fühlte. Es war, als würde ihr die Lektüre bestimmter Autorinnen helfen, sich selbst besser zu verstehen und deutlicher zu spüren.

Karriere als Literaturkritikerin: Mit Virginia Woolf und Marlen Haushofer weibliche Schicksale verstehen

Im Laufe eines langen Leselebens hat sich Elke Heidenreich einen Ruf als findige Literaturkritikerin erarbeitet. Das liegt auch daran, dass sie stets enge Verbindung zu den Autorinnen sucht, die sie rezensiert. Sie ist eine leidenschaftliche Vermittlerin von Literatur – jemand, der Bücher nicht nur liest, um sie zu analysieren, sondern um sie zu leben. Im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit begegnete Heidenreich vielen weiteren Autorinnen, die sie nachhaltig prägten und bewegten.

Autorinnen wie Virginia Woolf und Sylvia Plath gaben ihr intellektuelle Impulse und boten ihr gleichzeitig emotionale Unterstützung in unsicheren und schwierigen Zeiten. Mrs. Dalloway von Virginia Woolf beispielsweise ist unbestritten ein literarisches Meisterwerk. Aber Heidenreich schätzt daran vor allem, dass es den inneren Monolog im Kopf einer Frau so intensiv und realistisch darzustellen vermag, dass sich Leserinnen darin wiedererkennen und spüren: Ich bin nicht allein.

Kernaussagen in Hier geht’s lang!