Die Blinks zu Demokratie: Eine deutsche Affäre (2020) erzählen die wechselhafte Geschichte der deutschen Demokratie. Du erfährst, wie die Idee der Freiheit und Gleichheit über Jahrhunderte hinweg gewachsen ist und warum ihr auch nach herben Rückschlägen immer wieder ein Comeback gelungen ist.
Die Historikerin Hedwig Richter studierte in Berlin und Tübingen und forscht zum Thema Demokratie. Sie schreibt für die Süddeutsche Zeitung, die Frankfurter Allgemeine Zeitung und unterrichtet seit Januar 2020 als Professorin für neue Geschichte an der Universität der Bundeswehr in München.
Original: Demokratie © 2020 C.H.Beck, München
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Start free trialDie Blinks zu Demokratie: Eine deutsche Affäre (2020) erzählen die wechselhafte Geschichte der deutschen Demokratie. Du erfährst, wie die Idee der Freiheit und Gleichheit über Jahrhunderte hinweg gewachsen ist und warum ihr auch nach herben Rückschlägen immer wieder ein Comeback gelungen ist.
Machte ein Bürger aus gutem Hause Ende des 18. Jahrhunderts einen Ausflug in die ländlichen Regionen der deutschen Fürstentümer, bot sich ihm ein Bild des Jammers: Die Bevölkerung lebte in Dreck und Armut, erschöpfte Bauern schufteten auf den Feldern und Gutsherren prügelten ihr Gesinde wie Vieh.
Solche Zustände vor der eigenen Haustür wären heute ein Skandal – aber vor ein paar Jahrhunderten galten Elend und Ungleichheit als normal und gottgegeben. Erst mit dem Geist der Aufklärung drehte sich der Wind.
Der französische Philosoph Jean-Jacques Rousseau hatte bereits Mitte des Jahrhunderts das Mitgefühl zur Königin aller Tugenden erklärt. In der Kraft des Mitgefühls sah er die Grundlage für das Gelingen eines gewaltfreien menschlichen Miteinanders.
Berühmte Literaten sahen es fortan als Ehrensache an, ihre Leserschaft zum Mitleid zu animieren. Für den Dichter Gotthold Ephraim Lessing hieß das Credo: „Der mitleidigste Mensch ist der beste Mensch.“ In seinen Trauerspielen schilderte er tragische Schicksale von zu Unrecht in Not geratenen Helden. So lernte das gebildete Publikum, auch jenseits der eigenen Lebenswelt Empathie für andere zu empfinden.
Die neue Kultur des Mitleids führte dazu, dass öffentliche Hinrichtungen und Folter zunehmend Abscheu und Ekel erregten. Ein edler und mitleidiger Mensch sollte seine Hände nicht mit Blut beflecken. Geistesgrößen wie Immanuel Kant und Johann Gottfried von Herder riefen deshalb in ihren Schriften zu Frieden und Völkerverständigung auf.
Sie hatten dabei auch den gewaltsamen Verlauf der Französischen Revolution vor Augen. Sie hatte mit ihrer Brutalität viel Schrecken hervorgerufen. Andererseits hatte die Revolution den Menschen auch gezeigt, dass ihr Schicksal veränderbar war: Wenn ein König sich dem Willen des Volkes hatte beugen müssen, so waren Bürger und Monarch einander offenbar ebenbürtig. Die gesellschaftliche Ungleichheit zwischen Fürst und Bauer erschien nicht länger wie ein unverrückbares Gottesurteil. Um 1800 begann ein Demokratisierungsprozess, der fortan die deutsche Geschichte bestimmen sollte.
Wir lernen daraus: Die Entdeckung des Mitgefühls und das Erbe der Französischen Revolution führten dazu, dass die radikale Idee der Gleichheit verbreitet wurde.
Auch für Hedwig Richter bedeutet Demokratie die Herrschaft der Gleichen und Freien. Wie aber soll das gehen, wenn ein Machtgefälle existiert, es für die Herrschaft an sich immer Herrscher und Beherrschte braucht? Um diesen scharfen Gegensatz zu mildern, gibt es ein einfaches Mittel: freie Wahlen.