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von Yuval Noah Harari
Die Frankfurter Schule und ihre Zeit
Grand Hotel Abgrund ist ein fesselndes Buch von Stuart Jeffries, das die Geschichte eines geheimnisvollen Hotels erzählt und uns in eine Welt voller düsterer Geheimnisse und unerwarteter Wendungen entführt. Ein spannender Leseerlebnis für Liebhaber des Mysteriösen und Unvorhersehbaren.
Einen entscheidenden Anstoß zur Gründung der Frankfurter Schule gab ein schuldbewusster Kapitalist. Felix Weil war der Sohn eines wohlhabenden Getreidehändlers und hoffte wohl, durch die Finanzierung marxistischer Sozialforschung sein kapitalistisches Gewissen bereinigen zu können.
Mit seinem Geld wurde 1923 in Frankfurt am Main das Institut für Sozialforschung gegründet, aus dem die Frankfurter Schule hervorging und dessen Arbeit vor allem der Frage galt, weshalb die sozialistische Revolution 1919 in Deutschland gescheitert war. Dank der privaten Finanzierung blieb das Institut auch zu Kriegszeiten unabhängig vom staatlichen Universitätsbetrieb und politischen Parteien.
Das Institut war interdisziplinär ausgerichtet und führte Wissenschaftler und Künstler unterschiedlichster Fachgebiete zusammen: Theodor W. Adorno war unter anderem als Musikkritiker und Komponist tätig, der langjährige Institutsleiter Max Horkheimer konzentrierte sich vor allem auf die Philosophie Arthur Schopenhauers. Erich Fromm war ein bekannter Psychoanalytiker und Walter Benjamin Geschichtsphilosoph und Literaturkritiker. Zu den weiteren Mitgliedern zählten der Hegel-Experte Herbert Marcuse sowie später der Soziologe und Philosoph Jürgen Habermas. Diese beiden waren die Einzigen, die sich später politisch positionierten, beispielsweise gegen den Vietnamkrieg. Auch aufgrund dieser politischen Zurückhaltung wurden den übrigen Vertretern der Frankfurter Schule immer wieder Vorwürfe gemacht.
„Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert; es kommt darauf an, sie zu verändern“, schrieb Karl Marx in seinen berühmten Thesen über Feuerbach. Und obwohl die Frankfurter Schule marxistisch geprägt war, kamen sie der Losung ihres Hausheiligen nicht nach. Wie eine Gruppe säkularer Mönche zogen sie sich in ihr Institut zurück und konzentrierten sich auf die theoretische Analyse des real existierenden Kapitalismus. Die revolutionäre Praxis überließen sie anderen.
Traditionelle Marxisten kritisieren bis heute, dass sich Adorno und Co. nie auf politische Aktionen eingelassen haben. Der marxistische Philosoph Georg Lukács etwa nannte das Institut für Sozialforschung spöttelnd ein „Grand Hotel Abgrund“, dessen Gäste aus sicherer Distanz in den Abgrund der Verwertungsgesellschaft blickten und zwischen Sofakissen und Weingläsern über den Weltuntergang nachsannen.
Tatsächlich entfernte sich die Frankfurter Schule im Laufe ihrer Entwicklung immer weiter vom marxistischen Ideal. Zwar wollte man weiterhin die kapitalistischen Ausbeutungsmechanismen entlarven. Gleichzeitig bemühte man sich aber auch, die bürgerliche Mitte nicht zu verschrecken. So bestand Max Horkheimer seit seinem amerikanischen Exil darauf, den Begriff Marxismus aus den Aufsätzen zu tilgen, um potenzielle Forschungsaufträge nicht zu verhindern. So verlor das Institut auch seinen Spitznamen „Café Marx“, und wurde bald nur noch „Café Max“ gerufen. Doch wer waren Horkheimer und die anderen überhaupt, die dieses widersprüchliche Institut prägten?
Die Frankfurter Schule steht für eine der wichtigsten philosophischen Strömungen des 20. Jahrhunderts, die aus dem Institut für Sozialforschung hervorging. Die Blinks zu Grand Hotel Abgrund (2019) sind zugleich Biografie und Porträt der Schule und ihrer wichtigsten Vertreter.
„Statt Deutschland zu revolutionieren, revolutionierten sie die marxistische Theorie.
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