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von Yuval Noah Harari
Alles über ein unterschätztes Organ
Über Darmangelegenheiten plaudern wir nicht unbedingt beim Mittagessen mit den Kollegen – normalerweise. Doch wer einmal anfängt, sich mit dem Organ zu beschäftigen, wird schnell merken, dass es nicht nur unglaublich komplex und unterschätzt ist, sondern auch durchaus als charmantes Gesprächsthema taugt.
Dass wir mit unserem Darm nur so wenig anfangen können, liegt unter anderem daran, dass wir außer vom unappetitlichen Endprodukt von seiner Arbeit nahezu nichts mitbekommen. Ein Stück Torte zu essen ist z.B. nur so lange aufregend, bis wir es heruntergeschluckt haben.
Danach verschwindet es im Bereich der sogenannten glatten Muskulatur und damit auch aus unserer bewussten Wahrnehmung. Erst wenn es zu Problemen bei der Verdauung kommt, wir Schmerzen oder Blähungen haben oder zur Toilette müssen, werden wir wieder darauf aufmerksam.
Dabei ist der Darm nicht nur von unserer Wahrnehmung und Steuerung komplett unabhängig, sondern auch von unserem Unterbewusstsein. Wenn der Nerv zwischen Darm und Gehirn durchtrennt wird, läuft die Verdauung trotzdem einfach munter weiter. Das ist einmalig in unserem Körper: Unser Darm besitzt ein eigenes Nervensystem, das wie ein separates kleines Gehirn seine ganze Arbeit steuert und koordiniert.
Ebenso verblüffend wie die Eigenständigkeit unseres Darms ist die Vielfalt der in ihm lebenden Mikroorganismen: Insgesamt leben in einem Durchschnittsdarm bis zu 100 Billionen Bakterien, die zusammen etwa zwei Kilo wiegen. Damit befinden sich 99% aller Mikroorganismen unseres Körpers im Darm. Ohne es zu ahnen, bringen wir somit bei jedem Stuhlgang eine eigene Welt ans Tageslicht: In einem einzigen Gramm Kot befinden sich nämlich mehr Bakterien als es Menschen auf der Erde gibt.
In Darm mit Charme gibt Giulia Enders einen unterhaltsamen Einblick in ein Organ, das genauso interessant ist wie unser Gehirn – unser Darm. Der Leser begleitet den Weg, den ein Stück Torte vom Konditoreischaufenster bis zur Ausscheidung nimmt, und lernt dabei den Körper als Ökosystem kennen. Dabei kommen ebenso neueste Theorien über die Entstehung von Unverträglichkeiten und Allergien zur Sprache wie auch Vermutungen darüber, wie unser Bewusstsein durch Mikroorganismen im Darm beeinflusst wird.
Insgesamt umhüllen den Darm drei Mäntel glatter Muskulatur, die vom darmeigenen Nervensystem reguliert werden.
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