Der in Ägypten aufgewachsene Autor Hamed Abdel-Samad liebt die Freiheit, die er in Deutschland genießt, sieht sie gleichzeitig aber auch gefährdet. Denn immer häufiger zählt in öffentlichen Debatten nicht das bessere Argument, sondern die richtige Gesinnung. Dadurch ist die Meinungsfreiheit bedroht. In den Blinks zu Aus Liebe zu Deutschland (2020) zeigen wir dir, wieso das hohe Gut der Liberalität in Deutschland auf wackligeren Beinen steht, als du vielleicht denkst.
Hamed Abdel-Samad ist Politikwissenschaftler und Autor. 1972 in Ägypten geboren, arbeitete Abdel-Samad unter anderem für die UNESCO und lehrte in Erfurt und München Islamwissenschaft. Mit Bestsellern wie Integration: Ein Protokoll des Scheiterns sorgte er in der Vergangenheit immer wieder für Kontroversen. Seit 2013 lebt er deswegen unter ständigem Polizeischutz.
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Start free trialDer in Ägypten aufgewachsene Autor Hamed Abdel-Samad liebt die Freiheit, die er in Deutschland genießt, sieht sie gleichzeitig aber auch gefährdet. Denn immer häufiger zählt in öffentlichen Debatten nicht das bessere Argument, sondern die richtige Gesinnung. Dadurch ist die Meinungsfreiheit bedroht. In den Blinks zu Aus Liebe zu Deutschland (2020) zeigen wir dir, wieso das hohe Gut der Liberalität in Deutschland auf wackligeren Beinen steht, als du vielleicht denkst.
Was macht Deutschland eigentlich aus? Um diese Frage zu beantworten, hilft es, durch die Augen eines Menschen zu blicken, der in diesem Land einmal fremd war. Jemand, der sich noch gut daran erinnern kann, wie es für ihn war, dort anzukommen.
Hamed Abdel-Samad versuchte sich zunächst an allen möglichen deutschen Klischees, hörte Wagner und trank Weißbier. Er tat alles, um möglichst schnell Deutscher zu werden – was auch immer das heißen sollte. Deutsch lernte er in Windeseile, war ein kluger Student und wirkte auf andere wie der Mustermigrant schlechthin. Neben dem Studium kostete er die neue Freiheit aus, zu der auch Alkohol und sexuelle Beziehungen mit mehreren Frauen gehörten.
Je deutscher er glaubte zu werden, desto größer wurde allerdings auch seine Angst, seine alte Identität als Muslim und Ägypter zu verlieren. Als Reaktion auf die neu gewonnene Freiheit folgte eine Hinwendung zum Glauben: Abdel-Samad wurde immer religiöser und blickte auf die Deutschen als Sünder herab. Irgendwann hielt er seine Doppelmoral nicht mehr aus. Er brach psychisch zusammen und ging nach Japan. Erst dort merkte er, dass ihm Deutschland fehlte. Und er verliebte sich in dieses seltsame Land, in dem die Menschen nur den Wald mehr schätzen als ausufernde Debatten.
Um wirklich Deutscher zu werden, auch das erkannte er aus der Ferne, musste er sich jedoch voll und ganz zu diesem Land bekennen. Und bekennen konnte er sich erst, indem er sich von den Teilen seiner muslimischen Identität trennte, die im Gegensatz zu einem freiheitlichen Leben standen.
In Ägypten war er unfrei gewesen. Sein Vater hatte für ihn entschieden, Imam zu werden. In der dortigen Universität gab sein Professor ihm zu verstehen: „Wer bist du schon, der eine Meinung hat? Du hast keine Meinung zu haben!“ Abdel-Samad hatte anfangs geglaubt, dass mit dem Umzug nach Deutschland die Freiheit wie von selbst kommen würde. Doch so einfach war es nicht. Er musste erst etwas Entscheidendes lernen: dass man Freiheit niemals geschenkt bekommt. Man wird nicht frei, bloß weil man ein unfreies Land verlässt, sondern muss immer wieder darum kämpfen, diese Freiheit zu erlangen und zu behalten. Tut man dies nicht, wird die Meinungsfreiheit untergraben, wie der Autor es zurzeit in Deutschland beobachtet.