Warum ihn jeder braucht und wie er uns weiterbringt
Magie des Konflikts von Reinhard K. Sprenger ist ein Buch, das uns zeigt, wie wir Konflikte als Chance zur persönlichen und beruflichen Weiterentwicklung nutzen können. Es bietet praktische Strategien und Einsichten, um Konflikte konstruktiv zu lösen.
Lass uns einen genaueren Blick auf den eingangs beschriebenen Konflikt werfen: Was würdest du an Haralds Stelle machen? Würdest du Sven auf seine mangelnde Arbeitsmoral ansprechen – oder lieber schweigen und abwarten? Die meisten von uns würden sich wahrscheinlich für letztere Option entscheiden. Wir leben in einer konfliktscheuen Gesellschaft.
Ein Grund dafür ist die Angst zu verletzen und verletzt zu werden. So ist es gut möglich, dass Harald die Sache unausgesprochen lässt, um Sven zu schonen. Dadurch jedoch entmündigt er seinen Kollegen, weil er ihm von vornherein nicht zutraut – und auch gar nicht die Chance gibt –, gefasst und selbstsicher mit der Kritik umzugehen. Zudem kann es passieren, dass der unausgetragene Konflikt sich ins Innere verlagert. Statt mit Sven Argumente auszutauschen, streitet Harald mit sich selbst und seine Frustration wächst.
Aber was ist mit der Wertegemeinschaft des Unternehmens, in dem beide arbeiten? Sollten diese Werte einen solchen Konflikt nicht vermeiden, indem sie als Handlungsorientierung dienen? Leider trifft das nicht ganz zu. Denn in der Regel täuschen Unternehmenswerte lediglich über Differenzen hinweg. Anstatt Zusammenhalt unter den Mitarbeitern zu schaffen, führen sie oft dazu, dass die Mitarbeiter ihre Eigenverantwortung abgeben und Probleme negiert werden.
Vielleicht stellt Sven sich ja gar nicht die Frage, ob es für andere Mitarbeiter in Ordnung ist, wenn er seine Tagesaufgaben verschiebt. Schließlich arbeitet er ja in einem Unternehmen, in dem Freiheit und Flexibilität zu den core values zählen. Und vielleicht traut Harald sich nicht, den Konflikt anzusprechen, weil er die Unternehmenswerte nicht infrage stellen will.
Die Auswirkungen dieser Konfliktscheue können von schlechter Stimmung am Arbeitsplatz bis zur Tribalisierung der Gesellschaft und politischer Radikalisierung reichen. Denn je obsessiver man versucht, einen Konflikt zurückzudrängen, desto heftiger tritt er hervor.
Das wiederum kann fatale Folgen haben – vor allem in unserer globalisierten Welt, in der verschiedenste Kulturen, Religionen und Gewohnheiten aufeinandertreffen. Ein gesteigertes Konfliktpotenzial führt nämlich nur selten zu größerer Konfliktbereitschaft, ganz im Gegenteil: Je komplexer die Gesellschaft, desto elaborierter sind ihre Vermeidungsstrategien.
Es ist also höchste Zeit, dass wir lernen, Konflikte zu pflegen, statt sie länger zu vermeiden. Und dazu brauchen wir ein neues Konfliktverständnis.
Jeder Mensch erfährt und bewertet die Realität auf seine eigene, subjektive Weise, die durch individuelle Erfahrungen geprägt wird. Die verschiedenen Erfahrungen erzeugen Differenzen und Differenzen erzeugen Dissens. Will sagen: Der Konflikt ist nicht die Ausnahme, sondern der Normalzustand.
Damit Differenzen aber überhaupt auffallen, braucht es Gemeinsamkeiten – und wenn es nur der Glaube an eine bessere Zukunft ist. Die magische Wirkung des Konflikts besteht also darin, Differenzen aufzuzeigen und gleichzeitig Verbindungen zu schaffen.
Natürlich gibt es auch Auseinandersetzungen, bei denen man auf jede weitere Verbindung verzichten möchte. Wie man solche ganz profanen Streitereien erkennt und meistert, erfährst du im nächsten Blink.
Konflikte lassen sich nicht lösen, Konflikte sind die Lösung! So lautet die zentrale Botschaft des Wirtschafts- und Führungsexperten Reinhard K. Sprenger. In Magie des Konflikts (2020) erklärt er, weshalb Konflikte sowohl im Beruf als auch im Privatleben notwendig sind, um Fortschritt zu ermöglichen und Zusammenhalt zu schaffen. Konflikte trennen nicht, sie verbinden – das ist ihre Zauberwirkung. Wie genau diese Magie funktioniert und wie man sie konstruktiv einsetzt, erklären wir Schritt für Schritt in diesen Blinks.
Übrigens: Konflikt kommt vom lateinischen con-fligere, was kämpfen, zusammenstoßen, aber auch zusammenbringen heißen kann.
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