Investor gibt Start-Up nach Fast-Pleite 35 Millionen Dollar – was dann passiert
35 Millionen Dollar sind eine Menge Geld: So viel investiert auch der finanziell stärkste Geldgeber nur dann, wenn er wirklich an eine Idee glaubt. Für die US-amerikanische Firma Insight Venture Partners gehören Investitionen in Start-Ups zum Kerngeschäft. Twitter, BlaBlaCar und HelloFresh sind nur einige Internet-Firmen, denen das Unternehmen zum Erfolg verhalf.
– COMPUTERBILD
Eine weitere ist das Berliner Start-Up Blinkist, das derzeit mit seiner Wissens-App den internationalen Markt erobert. Stolze 35 Millionen Euro steckten die Geldgeber seit der Gründung Blinkist – und das, obwohl das Unternehmen bereits einmal kurz vor der Insolvenz gestanden hatte. Doch macht eine derart große Investition in ein junges Start-Up, das bereits fast pleite ging, überhaupt Sinn?
Um diese Frage zu beantworten, gilt es zunächst zu klären: Was genau ist Blinkist überhaupt? Die Wissens-App bringt Sachbücher im Häppchenformat auf das Smartphone und ermöglicht es Nutzern, sich das Kernwissen eines Bestsellers innerhalb von 15 Minuten anzueignen. Entweder durch Lesen eines Textes oder Anhören einer Audio-Version.

In der Blinkist-Bibliothek stehen dabei Kernaussagen aus über 3.000 Sachbüchern zur Verfügung. Jeden Monat fügt die verantwortliche Redaktion rund 40 neue Titel hinzu. Darunter stets die aktuellsten Bestseller.
Bis zum Erfolgskurs war es für die jungen Gründer ein harter Weg
Aus 27 Kategorien wie “Psychologie“, “Kommunikation“ oder „Beruf & Karriere“ können Nutzer auswählen, welches Sachbuch-Kernwissen sie besonders interessiert. Dieses finden sie in der App in kurze Lern-Einheiten eingeteilt, von denen die letzte das Wichtigste noch einmal aufsummiert.
Ein Blick auf den aktuellen Erfolg der Wissens-App zeigt: Das Vertrauen der Investoren in diese Idee hat sich gelohnt. 13 Millionen Menschen weltweit nutzen Blinkist bereits, Tendenz steigend. 80 Prozent von ihnen sind laut einer Studie Akademiker. Über 10.000 Mal wird die App heute täglich heruntergeladen.
Doch bis Blinkist endlich auf dieser Erfolgsspur war, war es ein harter Weg. Weil zu Beginn viele potentielle Investoren die Idee hinter der Wissens-App nicht verstanden, ging dem Unternehmen 2013 fast das Geld aus. “Kurzversionen von Sachbüchern in einer App klang für die meisten nicht überzeugend genug”, erinnert sich Mitgründer Holger Seim. “Auch die Downloadzahlen waren damals noch nicht so toll.”
Gründer verrät: So liefen die Verhandlungen mit den Twitter-Investoren
Schließlich wurde das Kapital sogar so knapp, dass die Studienfreunde, die das Unternehmen zusammen gegründet hatten, ihre Angestellten zwei Monate lang nicht bezahlen konnten. “Dem damals noch sehr kleinen Team das zu sagen, war für mich mit das Härteste an der ganzen Situation”, erinnert sich Seim. Mehr oder weniger in der letzten Sekunde fand sich damals ein Investor, so dass das Blinkist-Team weitermachen konnte.
Und kaum war das Start-Up über den Berg kamen schließlich auch andere Geldgeber an Bord – darunter Insight Venture Partners. An die Verhandlungen mit dem weltweit bekannten Risikokapitalgeber erinnert sich Seim noch gut. Nach einem Treffen folgten zahlreiche Telefonate, in denen der Vertrag final ausgearbeitet wurde. “Als das sogenannte Term Sheet schließlich kam haben wir uns gefreut und waren stolz, einen so renommierten Investor mit an Bord zu holen”, erinnert sich Seim.
Es folgte ein 12-stündiger Marathon beim Notar. “Als dann letzten Endes alles fertig verhandelt und vom Notar beurkundet war, haben wir uns Abends einen guten Cocktail gegönnt”, verrät Seim. Und fügt scherzend hinzu: “Für mehr waren wir nicht mehr in der Lage.”
Neugierig: Tim Cook besucht Berliner Start-Up-App
Die Millionen-Investition zählt zu den Highlights der jungen Firmengeschichte von Blinkist. Das einzige ist sie jedoch bei weitem nicht. Ein weiteres folgte beispielsweise 2019 als Tim Cook Blinkist in Berlin besuchte. Der Apple-Chef hat die App selbst auf seinem Smartphone installiert und kam in die Hauptstadt, um die Macher persönlich zu treffen. “Zu wissen, dass er Blinkist gut findet, ist für uns natürlich eine tolle Motivation, um auf dem Pfad, auf dem wir sind, weiterzumachen”, sagt Seim über den Besuch, der für ihn “sehr besonders” gewesen
sei.
Darüber hinaus wurde Blinkist in der Vergangenheit bereits mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. 2019 ernannte Kununu das Unternehmen zum besten Start-Up-Arbeitgeber. Bereits 2017 hatte Apple die Erfolgsidee der Studienfreunde zu einer der weltweit besten Apps gekürt, Google ehrte die Wissens-App mit dem Android Excellence Award und die Vereinten Nationen verliehen dem Team den World Summit Award in der Kategorie Bildung.
Ist da was in der Mache? Erfolgs-App-Macher deutet Neuerungen an
Dass Blinkist immer wieder Experten – und auch Investoren – überzeugt, kommt nicht von ungefähr, denn trotz einer täglich wachsenden Bibliothek werden alle Titel in Handarbeit erstellt. Das Konzept hinter Blinkist basiert dabei auf wissenschaftlichen Erkenntnissen aus Hirnforschung und Psychologie.
Ein Experten-Team, zu dem unter anderem Wissenschaftler, Psychologen und Journalisten gehören, verfasst die Sachbuch-Kurzversionen so, dass sie eingängig und leicht verständlich sind. Eingesprochen werden die Titel von ausgebildeten Hörbuch-Sprechern.
Die Expertise, die sich das Blinkist-Team dabei in den vergangenen Jahren angeeignet hat, soll in Zukunft auch noch anders zum Einsatz kommen. “Wir haben auf jeden Fall noch ein paar Asse im Ärmel”, verrät Seim. “Zum Beispiel arbeiten wir gerade an neuen, spannenden Experten-Inhalten zum Lesen und Anhören. Für unsere englischsprachigen Nutzer haben wir die bereits erfolgreich eingeführt”, so der Jung-Unternehmer. Mehr will er noch nicht verraten. “Lassen Sie sich überraschen!”, so Seim. Es bleibt also spannend.
Wollen auch Sie sich ein eigenes Bild von Blinkist machen? Die App steht allen iOS- und Android-Nutzern zum kostenlosen Download auf Deutsch und Englisch zur Verfügung.