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“Gut ist besser als perfekt” – Das empfiehlt Blinkist-Gründer Holger Seim jetzt Unternehmern

Die Coronakrise trifft die Wirtschaft schwer. Vor allem Start-Ups bangen um ihre Existenz. Blinkist-Gründer Holger Seim gehört zu denen, die die Krise als Chance verstehen. Seine Wissens-App hat sich in der Vergangenheit bereits in schweren Zeiten bewährt. Das rät der Unternehmer jetzt.
von Charlotte Zink | 29.05.2020

Mundschutz, Hamster-Käufe, Abstand halten: Die Coronakrise hat die Welt derzeit fest im Griff. Eines steht aus Expertensicht dabei bereits fest: Auch wenn die Maßnahmen zur Eindämmung des Virus bald wohl nicht mehr nötig sein werden – die Wirtschaft wird sich von den Folgen der Pandemie nur langsam erholen. Denn 2020 drohen massive Umsatzeinbrüche.

„Mit Blinkist erweitern Sie Ihr Allgemein- und Fachwissen in kürzester Zeit.“
– COMPUTERBILD

Vor allem Start-Ups bangen in der Krise, weil sie oft auf Investoren angewiesen sind und in vielen Fällen verhältnismäßig wenig Rücklagen haben. Der Blick in die Zukunft macht dabei wenig Mut: „2019 dürfte vorerst das letzte Rekordjahr für das europäische Start-up-Ökosystem gewesen sein“, erklärte der Vorsitzende des Wirtschaftsberatungs-Unternehmens Ernst and Young (EY) jüngst. „Nur die besten Gründer, die jetzt die richtigen Entscheidungen treffen, werden bestehen“, sagte der Leiter der EY-Start-Up-Initiative gegenüber der „Bild“-Zeitung.

Neu! Diese Start-Up-App bietet jetzt auch Hörbücher an

Prognosen wie diese kennt auch Holger Seim. Der 35-Jährige hat 2013 zusammen mit Studienfreunden die Wissens-App Blinkist gegründet. 160 Mitarbeiter hat das Start-Up mittlerweile. Normalerweise arbeiten die aus einem Büro in Berlin-Neukölln – während des Lockdowns ist dieses verwaist. Die Arbeit geht jedoch weiter, auch wenn das Unternehmen wie viele andere mit der neuen Situation zu kämpfen hat. Doch Seim ist überzeugt: “Unternehmer können die Krise nutzen, frei nach dem Motto: Never let a good crisis go to waste.”

Für Blinkist heißt das: Neue Ideen, neue Motivation, neue Inhalte. Die Wissens-App ermöglicht es ihren Nutzern von zuhause aus Neues zu lernen. Dafür bringt Blinkist das Kernwissen aus Sachbüchern im Häppchen-Format auf das Smartphone: Innerhalb von 15 Minuten bekommen Nutzer so das Wichtigste aus einem Sachbuch erklärt. Die Texte können sie dabei entweder anhören oder selbst lesen.

Blinkist Founders
Die Gründer des Berliner Startups Blinkist: Niklas Jansen, Tobi Balling und Holger Seim (v. l.), nicht im Bild: Sebastian Klein

Seit März hat das Start-Up sein Angebot außerdem um Sachbuch-Hörbücher erweitert. Zudem bietet Blinkist immer mehr eigene Inhalte zu Themen an, die derzeit relevant sind: Beispielsweise in der Kategorie “Blinkist fragt”. Für diese geben Experten – darunter ein Motivationstrainer und eine Physiotherapeutin – praktische Tipps für den Pandemie-Alltag.

“Schnell wie noch nie”: Start-Up läuft in Krise plötzlich zur Hochform auf

“Natürlich ist es eine große Herausforderung während einer Krise mehrere neue Projekte an den Start zu bringen“, sagt Seim. „Aber gerade jetzt ist es wichtig, den Optimismus nicht zu verlieren und die Chancen, die diese Zeit auch mit sich bringt, zu nutzen.“ Damit kein Stillstand einkehrt gelte bei Blinkist deswegen: “Gut ist besser als perfekt”.

Wie es ist als Start-Up in der Krise zu stecken erfährt das Unternehmen nicht zum ersten Mal. 2013 konnten die jungen Gründer nur knapp eine Insolvenz abwenden. Damals mussten die Mitarbeiter zwei Monate lang auf ihr Gehalt verzichten. Doch das Unternehmen zeigte Durchhaltevermögen und schaffte es, sich am Markt zu beweisen.

Bei ihrer Strategie orientieren sich die App-Macher heute auch am sogenannten Pareto-Effekt, der umgangssprachlich 80-zu-20-Regel genannt wird. Diese besagt, dass 20 Prozent des Gesamtaufwandes zu 80 Prozent des Ergebnisses führen und die übrigen 80 Prozent des Aufwandes lediglich die restlichen 20 Prozent erwirtschaften. Unternehmen wie Blinkist, die sich an diesem Denkmodell orientieren, legen Wert darauf, maximal effizient zu arbeiten. Ressourcen werden deswegen stets dort eingesetzt, wo sie den größten Nutzen erzielen. Und das mit Erfolg.

„Wir entwickeln aktuell so schnell wie noch nie neue Inhalte und neue Funktionen, die uns auch nach der Krise deutlich stärker machen werden“, sagt Seim. „Ich rate allen Unternehmern, die derzeitige Lage so gut es geht zu nutzen“, so der Gründer weiter. “Denn eine herausfordernde Situation kann auch unglaubliche Kraft und Kreativität freisetzen.“

Diese Start-Up-App nutzt selbst der Apple-Chef

Wer nicht wagt, der nicht gewinnt: Mit dieser Strategie hat das Start-Up bereits in der Vergangenheit zahlreiche Erfolge erwirtschaftet. Obwohl Blinkist beinahe pleite ging, hat die App heute über 14 Millionen Nutzer und wird täglich über 10.000 Mal neu heruntergeladen.

2016 verliehen die Vereinten Nationen dem Start-Up den World Summit Award in der Kategorie Bildung. 2019 erhielt das Start-Up eine Art symbolischen Ritterschlag als Apple-Chef Tim Cook Blinkist in Berlin besuchte. Der Techpionier ist bekennender Sachbuch-Enthusiast und hat die App auf seinem Smartphone installiert.

„Erfolge wie diese wären ohne ein starkes Team nicht möglich gewesen“, sagt Seim. In der Krise ist es dem Jung-Unternehmer deswegen besonders wichtig, dass sich seine Mitarbeiter unterstützt fühlen, damit der Teamgeist nicht leidet. „Zu Beginn der Pandemie habe ich unterschätzt, zu wie viel Unsicherheit und Sorgen die Krise bei vielen Mitarbeitern führt“, so Seim.

3500 Sachbuch-Titel: App bringt Mega-Bibliothek aufs Smartphone

„Mein Rat an alle Führungskräfte: Macht Euch bewusst, dass eure Angestellten nicht die gleichen Einblicke haben wie ihr, und dass das in der Regel zu mehr Unsicherheit und Sorge führt.“ Viel Kommunikation sei daher derzeit wichtiger denn je. „Ich melde mich regelmäßig in Videobotschaften bei meinem Team, gebe Updates und hebe Erfolge hervor“, sagt Seim. „Das ist persönlicher als lange Mails und kommt gut an.“

Wichtig sei es dabei natürlich einen realistischen Blick auf die Situation zu vermitteln „und nicht alles rosarot zu malen“, erklärt Seim. „Denn auch wenn nach und nach Lockerungen in Kraft treten – bis zum ganz normalen Arbeitsalltag wird es mit Sicherheit noch eine ganze Weile dauern.“

Die Sachbuch-Kurzversionen, die normalerweise in den Berliner Blinkist-Redaktionsräumen geschrieben werden, entstehen derzeit im Homeoffice. Jeden Monat ergänzt Blinkist seine Bibliothek um rund 70 neue Titel. Aus über 3500 Werken können App-Nutzer auswählen, welches Sachbuch-Wissen sie besonders interessiert. Geschrieben sind die Kurzversionen nach einem wissenschaftlichen Prinzip, sodass sie sowohl eingänglich als auch leicht anwendbar sind.

Diese App lieben vor allem Akademiker

Eine Umfrage von Blinkist zeigte: Vor allem Akademiker lernen gerne Häppchen-Weise und nutzen die App. So haben 80 Prozent aller User einen Hochschulabschluss. Zu den beliebtesten Sachbuch-Kurzversionen gehört der Bestseller „Die 7 Wege zur Effektivität“ von Steven Covey. In diesem werden Prinzipien vorgestellt, die zu persönlichem und beruflichem Erfolg verhelfen.

Seims Favorit ist der Blinkist-Titel zu Carol Dwecks Buch „Selbstbild“. Der Unternehmer nutzt seine App – wie viele andere Kunden – normalerweise auf dem Weg zur Arbeit. Weil der derzeit wegfällt, ist er dazu übergegangen, die Kurzversionen beispielsweise in der Mittagspause zu hören.

„Mir helfen Bücher, um auf andere Gedanken zu kommen“, sagt Seim. „Abschalten fällt mir abends derzeit besonders schwer.“ Blinkist nutze er, um rauszufinden, welches Sachbuch er zunächst komplett lesen wolle. Außerdem habe er für sich ein paar Regeln aufgestellt, die er auch anderen ans Herz legt: „Nach 20 Uhr schaue ich nicht mehr aufs Handy oder den Laptop – außerdem haben meine Frau und ich Brettspiele neu für uns entdeckt.“ Die Krise kann also auch im Privaten neue, positive Auswirkungen mit sich bringen.

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