Verzeihen Book Summary - Verzeihen Book explained in key points

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Verzeihen summary

Name: Verzeihen
Rating: 4.3 (47 reviews)
Author: Svenja Flaßpöhler

Svenja Flaßpöhler

Vom Umgang mit Schuld

4.3 (47 ratings)

24 mins

Brief summary

Verzeihen ist ein Buch von Svenja Flaßpöhler, das die Bedeutung des Vergebens für unser persönliches Wachstum und Glück erforscht. Es lädt uns ein, Vergebung als einen Weg zur inneren Freiheit und Stärke zu verstehen.

Topics

Ethics & Morality

Table of Contents

Verzeihen
Summary of 12 key ideas

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Key idea 1 of 12

Was drin ist für dich: Nachdenken über das Vergeben, Verzeihen und Vergessen.

Heilt die Zeit wirklich alle Wunden? Wie geht man mit der eigenen Schuld um, der Sehnsucht nach Absolution? Wie verzeiht man eine tiefe Verletzung oder gar das scheinbar Unverzeihliche?

Viele wichtige Denker wie Jacques Derrida oder Hannah Arendt haben sich bereits zu diesem wichtigen Thema geäußert. Ihre Beiträge bilden die Grundlage zu den folgenden Überlegungen.

Die Blinks nehmen dich mit auf eine nachdenkliche Reise durch die Welt der Reue und Rache, die die persönlichen Berichte von Tätern und Opfern, Schuldigen und Betroffenen mit philosophischen Perspektiven verknüpft.

In diesen Blinks erfährst du,

woher der Begriff „Verzeihen“ überhaupt kommt,
warum Schuld nicht immer getilgt werden kann, und
wie es mit der Kollektivschuld der Deutschen steht.

Verzeihen bedeutet Verzichten.

Wir sagen „Verzeihung“, wenn wir jemandem in der Bahn auf den Fuß treten, oder „verzeih mir“, wenn wir jemanden mit unüberlegten Worten verletzen. Tagtäglich erbitten oder gewähren wir Verzeihung für ein bestimmtes Verhalten.

Aber woher kommt eigentlich dieses “Verzeihen”und was bedeutet es genau?

Das Wort verzeihen hat seinen Ursprung im mittelhochdeutschen Wort zihan für beschuldigen, bezichtigen. Wenn du jemandem etwas verzeihst, verzichtest du also darauf, ihm weiter die Schuld für seine Tat zu geben. Nicht länger zu be-schuldigen bedeutet aber nicht zu ent-schuldigen: Du kannst jemanden nicht von seiner Schuld befreien, sondern dich nur anders dazu verhalten. Die Schuld des Täters bleibt, nur deine Einstellung als Opfer ändert sich.

Wenn dich jemand z.B. mit Worten beschimpft oder mit seinem Verhalten verletzt hat, kannst du durch dein Verzeihen darauf verzichten, ihm seine Schuld weiter vorzuhalten – sein Vergehen machst du dadurch aber nicht ungeschehen. Seine Tat bleibt Teil eurer gemeinsamen Geschichte, du bist nur nicht mehr böse darüber. Dein Verzeihen hat folglich weniger mit Logik, Rache oder Strafe zu tun als mit deiner bewussten Entscheidung, auf die Vergeltung oder Wiedergutmachung einer Schuld zu verzichten.

Verzeihen ist indes nicht dasselbe wie Vergebung. Während Ersteres eine passive Qualität und viel mit Loslassen zu tun hat, hat die Vergebung im wahrsten Sinne des Wortes eine aktive Konnotation des Großmutes und Schenkens. Der religiöse Anklang kommt nicht von ungefähr: Der Theologin Beate Weingardt zufolge wird der negative Verzicht bei der Vergebung zum positiven Geschenk, der Gabe der Absolution und quasi-Auslöschung der Schuld. Vergeben kann strenggenommen nur eine göttliche Macht, Verzeihen hingegen ist weltlich.

Das bedeutet nicht, dass der Akt des Verzeihens weniger mit Größe zu tun hat. Vielleicht besteht sein Geschenk gerade im Verzicht auf den Anspruch auf Strafe und Vergeltung. So gesehen lassen sich Verzeihen und Vergeben nie ganz klar voneinander trennen.

Verstehen ist keine notwendige Voraussetzung für das Verzeihen.

Wenn du nachvollziehen kannst, dass dein Freund im Alltagstrubel deinen Geburtstag vergessen hat, heißt das noch lange nicht, dass du ihm das direkt verzeihen kannst. Umgekehrt kannst du ihm vielleicht eher einen Fehltritt vergeben, den du selbst nicht verstehst.

Betrachtet man dieses Phänomen philosophisch, so ist – im Gegensatz zur Versöhnung – das Verzeihen nicht an gegenseitiges Verständnis geknüpft. Die Versöhnung setzt voraus, dass beide Seiten einsichtig sind und nachvollziehen können. Daher findet sie gewissermaßen auf Augenhöhe statt. Verzeihen ist bildlich gesehen ein unidirektionaler Vorgang von oben nach unten, bei dem die Reziprozität nicht obligatorisch ist.

Auch eine erklärbare Tat ist nicht zwingend verzeihbar.

Wenn wir etwas verstehen, verschaffen wir uns rationalen Zugang. Je mehr wir z.B. die Umstände einer Tat nachvollziehen können, desto weniger „unmenschlich“ – ergo „verständlicher“ – erscheint sie uns. Dieses Verständnis kann der erste Schritt hin zum Verzeihen sein.

Flaßpöhler selbst konnte z.B. lange nicht verstehen und verzeihen, dass ihre Mutter Mann und Kinder früh verlassen hatte. Erst die Fähigkeit, die Beweggründe ihrer Mutter als Erwachsene in ihrem damaligen Kontext sehen und ansatzweise nachvollziehen zu können, öffnete ihrem Schmerz die Tür zum Verzeihen.

Das Funktionieren unserer Gesellschaft beruht auf der Annahme, dass der Mensch autonom ist.

Schuldig ist unserer menschlichen Logik nach, wer sich aus bestimmten Gründen für eine Handlungsoption entschieden hat, die die Regeln unseres Zusammenlebens verletzt. Das setzt voraus, dass es so etwas wie einen freien Willen gibt.

Viele Philosophen sind nun der Ansicht, dass der freie Wille nichts als eine Illusion ist. Denker wie Reinhard Merkel weisen darauf hin, dass nach wie vor nicht einwandfrei geklärt ist, ob wir Menschen einen freien Willen haben oder unsere Entscheidungen und Taten nur reine Reaktionen auf genetische Programmierungen und neuronale Zufallsprodukte sind.

Liebe kann helfen, dem Schuldigen zu verzeihen.

Wenn wir davon sprechen, dass jemand durch seine Fähigkeit zum Verzeihen Güte zeigt, hat das bereits einen emotionalen, liebevollen Anklang. Im Grunde ist damit auch nichts anderes gemeint, denn wo uns unser Verstand nicht weiterhilft, kann es unter Umständen die Liebe.

Wenn wir verzeihen, gilt dieser Akt der Größe und Milde nicht der Tat, sondern dem Täter selbst. Hannah Arendt sagt, für den Liebenden ist der Täter größer als seine Tat, und tatsächlich fällt es uns wesentlich leichter, jemandem zu verzeihen, den wir kennen oder sogar lieben. In diesem Sinne macht Liebe also wirklich blind, denn sie lässt den Liebenden über die Verfehlungen des Geliebten hinwegsehen.

Bedingungsloses Verzeihen und Lieben ist ein praktisch unerreichbares Ideal.

Das Pendant zum Idealbild der bedingungslosen Liebe wäre die Fähigkeit, dem anderen bedingungslos zu verzeihen, also z.B. ohne jedwede Art von Erwartung oder Hoffnung auf Besserung, Einsicht oder Reue. Aber ist ein derart bedingungsloses Verzeihen in der Realität möglich?

Für Derrida und andere Philosophen muss dieses Ideal des reinen und zweckfreien Verzeihens zumindest als Richtwert und Vorbild aufrechterhalten werden. Zur Erinnerung: Für Derrida beginnt Verzeihen erst dort, wo unser rationales Verständnis einer Tat aufhört. Reines, echtes Verzeihen ist für ihn entsprechend nicht an Bedingungen, Reue oder einen Zweck geknüpft und hat nichts mit Gerechtigkeit oder Moral zu tun.

Nicht jede Schuld kann man ausgleichen.

Ein Sünder muss eine bestimmte Anzahl von Gebeten aufsagen, ein Schuldiger Abbitte leisten und ein Verbrecher seine Lebenszeit im Gefängnis absitzen: Der Mensch hat sich viele Arten von Sühne und Strafe ausgedacht, in der Annahme, dass jede Art von Schuld mit der richtigen Maßnahme wiedergutgemacht werden kann. Doch leider kann nicht jede Schuld getilgt werden. Dafür gibt es zwei wesentliche Gründe.

Erstens ist es schwierig, für jede Tat ein äquivalentes Gegenmittel zu finden. Friedrich Nietzsche legt dar, dass die menschliche Moral tiefe ökonomische Wurzeln hat und unser Strafsystem auf der Idee basiert, jeden Schaden durch einen Gegenwert aufwiegen zu können: finanzielle Schulden durch Geld, Leid durch gleichwertigen Schaden wie z.B. Schmerz oder Freiheitsentzug. Peter Sloterdijk hingegen hält diese Vorstellung der Gleichwertigkeit für eine Illusion, da selbst eine nach objektiven Maßstäben „gerechte“ Strafe dem Opfer oft nicht helfen kann, die emotionalen Folgen einer Tat zu überwinden. Stell dir z.B. vor, dein Partner hat dich mit einer anderen Person betrogen. Selbst, wenn du ihn mit Worten, Distanz oder gar einer Trennung bestrafst, kannst du solange nicht nach vorne schauen, bis du ihm ehrlich verziehen hast.

Zu verzeihen bedeutet nicht zwangsläufig zu vergessen.

Wenn wir „Schwamm drüber“ sagen, meinen wir damit, dass wir uns nicht länger an einen Vorfall erinnern wollen, dass wir die Begebenheit „vergeben und vergessen“ möchten. Aber was bedeutet vergessen in diesem Zusammenhang eigentlich, und was hat es mit dem Verzeihen zu tun?

Nietzsche bezeichnet das Vergessen als positives Hemmungsvermögen: Analog zu unserem Verzicht auf Vergeltung beim Verzeihen unterlassen wir es beim Vergessen, uns weiter an etwas zu erinnern. Dieser natürliche Selbstschutz bewahrt uns davor, uns immer wieder mit denselben quälenden Erinnerungen zu belasten.

Es gibt zwei historische Modelle zum Umgang mit kollektiver Schuld.

Wenn Verzeihen schon auf individueller Ebene so schwer ist, was bedeutet das dann erst für unfassbare Verbrechen wie den Völkermord an den europäischen Juden? Hierzu haben sich im Laufe der Geschichte zwei Ansätze entwickelt: die Forderung nach Gerechtigkeit und die Forderung nach Vergessen.

Das erste Modell sieht die einzige Chance auf Fortschritt in der gerechten Bestrafung der Täter. Die Schuld müsse Stück für Stück beglichen werden, damit die Opfer wieder nach vorn blicken können.

Verzeihen kann nicht auf politischer Ebene stattfinden.

Das öffentliche Gedenken an ein bestimmtes Ereignis kann per Gesetz verboten werden, z.B. um faschistische und antidemokratische Huldigungen zu unterbinden. Doch ist das Ereignis dadurch auch vergessen, geschweige denn verziehen?

Jacques Derrida ist der Ansicht, dass es auf politischer Ebene durchaus zu Versöhnungen kommen kann, z.B. um zumindest vorübergehend Frieden zwischen streitenden Parteien zu stiften. Die Amnestie verhindert dann die öffentliche Erinnerung an die Streitursache, um die Sehnsucht nach Vergeltung oder Wiedergutmachung nicht unnötig weiter zu schüren.

Manche Schuld muss unvergessen bleiben, damit wir uns moralischer verhalten.

Was geschieht also mit der Schuld, wenn die eigentlichen Opfer einer Tat nicht mehr in der Lage sind, zu verzeihen, weil sie wie im Falle des jüdischen Genozids verstorben sind? Bleibt die Schuld der Täter dann über Generationen bestehen?

Es gibt durchaus einige Vertreter der Ansicht, dass eine so große Schuld wie die der Deutschen auch nachfolgende Generationen betrifft. Die Kulturwissenschaftlerin Aleida Assmann argumentiert z.B., dass eine so historische Schuldenlast nicht von einer einzigen Generation abgegolten werden kann. Sie wird stattdessen in das kollektive Selbstbild eines Volkes integriert und dort durch rituelles Erinnern aufrechterhalten.

Zusammenfassung

Die Kernaussage dieses Buches ist:

Verzeihen bedeutet im Wesentlichen auf die Vergeltung einer Schuld zu verzichten. Indem wir die Erinnerung an das Vergehen des Täters bewusst loslassen, kann sich unsere Einstellung zu den Ereignissen und der Person im Laufe der Zeit zum Positiven ändern. Im Endeffekt ist das Verzeihen aber eine emotionale und sehr persönliche Angelegenheit: Jeder muss selbst entscheiden, was er verzeihen kann und was nicht. Wenn eine Schuld zu groß ist, um verziehen zu werden, kann sie durch einen richtigen und bewussten Umgang dennoch langfristig Positives hervorbringen.

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What is Verzeihen about?

In Verzeihen geht um den Umgang mit Schuld und die Kunst des Vergebens. Die Blinks beleuchten anhand persönlicher Beispiele und philosophischer Perspektiven, unter welchen Bedingungen wir verzeihen können, was Verzeihen überhaupt bedeutet und was das Ganze mit dem Verzicht auf Vergeltung zu tun hat.

Best quote from Verzeihen

„Verzeihen bedeutet dem Wort nach: Verzicht auf Vergeltung.

—Svenja Flaßpöhler

Who should read Verzeihen?

Jeder, der schon seit Längerem damit hadert, einer anderen Person zu verzeihen
Jeder, der mehr über Schuld und Vergebung erfahren und dabei auch philosophische Positionen kennenlernen möchte
Jeder, der seinen manchmal unerklärlichen Schuldgefühlen schon immer auf den Grund gehen wollte

About the Author

Svenja Flaßpöhler wurde 1975 in Münster geboren und lebt heute in Berlin. Sie ist Philosophin, Autorin und stellvertretende Chefredakteurin des Philosophie Magazins. Mit ihrem Buch Mein Wille geschehe. Sterben in Zeiten der Freitodhilfe lieferte sie erstmals einer breiten Masse Gesprächsstoff.

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