Integriert Euch! (2015) beschäftigt sich mit den Problemen der Integration von Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland. Die Integrationsdebatte ist noch immer geprägt von tiefen Missverständnissen, falschen Begrifflichkeiten und irreführenden Vorstellungen von deutscher Kultur und Identität. Um eine fortschrittliche Gesellschaft zu entwickeln, müssen diese Probleme von jedem Einzelnen angegangen werden.
Annette Treibel ist Mitglied im Rat für Migration unter der Schirmherrschaft der deutschen UNESCO-Kommission. Außerdem ist sie Professorin für Soziologie an der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe.
Original: Integriert euch! © 2015 Campus Verlag GmbH, Frankfurt am Main/New York
Upgrade to Premium now and get unlimited access to the Blinkist library. Read or listen to key insights from the world’s best nonfiction.
Upgrade to PremiumThe Blinkist app gives you the key ideas from a bestselling nonfiction book in just 15 minutes. Available in bitesize text and audio, the app makes it easier than ever to find time to read.
Start free trialGet unlimited access to the most important ideas in business, investing, marketing, psychology, politics, and more. Stay ahead of the curve with recommended reading lists curated by experts.
Start free trialIntegriert Euch! (2015) beschäftigt sich mit den Problemen der Integration von Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland. Die Integrationsdebatte ist noch immer geprägt von tiefen Missverständnissen, falschen Begrifflichkeiten und irreführenden Vorstellungen von deutscher Kultur und Identität. Um eine fortschrittliche Gesellschaft zu entwickeln, müssen diese Probleme von jedem Einzelnen angegangen werden.
Wer in Deutschland dunkle Haut oder einen fremdartig klingenden Namen – z.B. Mohamed oder Djamila – hat, wird häufig mit der Frage nach der eigenen Herkunft konfrontiert. Doch wer darauf mit „Karlsruhe” oder „Schwetzingen” antwortet, wird meist so lange mit Gegenfragen bombardiert, bis er sich schließlich in sein Schicksal fügt und unwillig die halbe Familiengeschichte erzählt.
Doch nur, weil einige von uns schwarze Haare haben und nicht so schnell einen Sonnenbrand bekommen, sind sie deswegen nicht automatisch weniger deutsch als diejenigen von uns mit hellerer Haut-, Haar- oder Augenfarbe und dem Nachnamen Mayer, Müller oder Schulz. Etwas komplizierter ist die Sache mit der nationalen Identität dann doch.
Und weil die Angelegenheit schon komplex genug ist, und damit wir nicht aneinander vorbeireden, müssen wir zunächst die Grundbegriffe klären. Denn nur, wer auch wirklich weiß, worüber er eigentlich spricht, kann tatsächlich qualifiziert an einem politischen oder wissenschaftlichen Diskurs teilnehmen.
Und dennoch hapert es leider oft in der Praxis bereits genau da und Begriffe wie „Flüchtlinge“, „Migranten“, „Ausländer“ oder „Neudeutsche“ werden wild durcheinandergeworfen. Das Wort „Migration“ beispielsweise bezeichnet einfach nur eine dauerhafte Verlagerung des räumlichen und sozialen Lebensmittelpunkts. Ein Deutscher, der in die USA übersiedelt, ist also genauso ein Migrant wie ein Engländer, Pole oder Türke, der nach Deutschland zieht.
Solche grundlegenden Missverständnisse haben weitreichende Konsequenzen. Denn wer einen nigerianischen Arbeitsmigranten für einen Flüchtling hält, wird diesem schnell eine bestimmte Lebenssituation unterstellen und Lösungen für Probleme vorschlagen, die der Betreffende womöglich gar nicht hat.
Es ist daher wichtig, dass die politische Debatte mit der nötigen Differenzierung geführt wird. Schließlich hilft es der gesellschaftlichen Integration von Migranten – aber auch anderen sozialen Randgruppen – herzlich wenig, im Wahlkampf pauschal für eine „ausländerfreundliche“ Politik zu werben. Denn nur, wenn bestehende Probleme auch gezielt angesprochen und diskutiert werden, kann das letztendlich zu konstruktiven Lösungsansätzen führen.