Das Thema Identität spielt in der Politik eine immer größere Rolle: Vor allem im linken Spektrum kämpfen Aktivisten und Gruppierungen für die Würde lange benachteiligter Minderheiten in der Bevölkerung. Francis Fukuyama untersucht in Identität (2019), wie diese Akteure im Namen der Würde einzelner, kleiner Gruppen den gesamtgesellschaftlichen Zusammenhalt gefährden, und warnt vor der Zersetzung. Diese Blinks erklären seine Forderung nach einem neuen und inklusiven Nationalismus, hinter dem sich eine breite Bewegung im Kampf gegen die großen Probleme unserer Gesellschaft versammeln soll.
Francis Fukuyama ist ein US-amerikanischer Politikwissenschaftler, der derzeit an der renommierten Stanford University lehrt. Sein Bestseller Das Ende der Geschichte (1992) und dessen These, die liberale Demokratie könnte die letzte zivilisatorische Entwicklungsstufe markieren, machten ihn schlagartig weltweit berühmt. In seinem neuen Buch Identität (2018) wirft er der politischen Linken vor, sich in kleinlichen Grabenkämpfe zu verlieren.
Upgrade to Premium now and get unlimited access to the Blinkist library. Read or listen to key insights from the world’s best nonfiction.
Upgrade to PremiumThe Blinkist app gives you the key ideas from a bestselling nonfiction book in just 15 minutes. Available in bitesize text and audio, the app makes it easier than ever to find time to read.
Start free trialGet unlimited access to the most important ideas in business, investing, marketing, psychology, politics, and more. Stay ahead of the curve with recommended reading lists curated by experts.
Start free trialDas Thema Identität spielt in der Politik eine immer größere Rolle: Vor allem im linken Spektrum kämpfen Aktivisten und Gruppierungen für die Würde lange benachteiligter Minderheiten in der Bevölkerung. Francis Fukuyama untersucht in Identität (2019), wie diese Akteure im Namen der Würde einzelner, kleiner Gruppen den gesamtgesellschaftlichen Zusammenhalt gefährden, und warnt vor der Zersetzung. Diese Blinks erklären seine Forderung nach einem neuen und inklusiven Nationalismus, hinter dem sich eine breite Bewegung im Kampf gegen die großen Probleme unserer Gesellschaft versammeln soll.
Hast du jemals einen Wettkampf gewonnen, ein besonders überschwängliches Lob für deine Arbeit erhalten oder eine akademische Auszeichnung bekommen? Falls ja, warst du mit Sicherheit stolz, zufrieden und erfüllt. Die Freude über die Wertschätzung durch andere Menschen gehört zu den größten Glücksgefühlen und ist eine natürliche Reaktion, die wir alle gemein haben. Aber was hat das nun mit Identitätspolitik zu tun?
Für eine Antwort müssen wir ein gutes Stück in der Philosophiegeschichte zurückreisen. Die großen Griechen Sokrates und Platon beschrieben das Verlangen nach Würde und Anerkennung als elementare menschliche Grundmotivation. Sokrates unterteilte die Seele in drei Komponenten:
Sokrates nannte diesen dritten Teil thymos. Wenn wir die Anerkennung unserer Mitmenschen bekommen, sind wir stolz und glücklich. Falls nicht, fühlen wir uns verkannt, frustriert oder sogar beschämt, die Erwartungen unserer Umwelt nicht erfüllt zu haben. Und eben jenes Bedürfnis spielt eine wichtige Rolle für das Verständnis der modernen Identitätspolitik.
Identitätspolitik lässt sich als die moderne Tendenz von Menschen definieren, politische Allianzen auf Grundlage ihrer Zugehörigkeit zu bestimmten Gruppen zu formen. Diese Gruppen identifizieren sich oft über ihren gemeinsamen Kampf für die Anerkennung ihrer kulturellen, ethnischen, sozialen oder sexuellen Merkmale und Bedürfnisse.
Nehmen wir z.B. die Bewegung für die Legalisierung der gleichgeschlechtlichen Ehe. Seit der Jahrtausendwende hat ihr Kampf zu immer größerem öffentlichen Druck auf die Politik geführt und bewirkt, dass nach und nach immer mehr Länder die gleichgeschlechtliche Ehe in ihr Grundgesetz aufnehmen. Was treibt die Mitglieder dieser Bewegung an, für die Öffnung der Ehe zu kämpfen? Zum einen der Anspruch auf bestimmte formelle Rechte wie Steuervergünstigungen, Erbschaftsrechte und Angehörigenrechte. Genau diese Rechte hätten sie vielerorts allerdings schon durch die Institution der „Eingetragenen Partnerschaft“ erhalten. Warum war das nicht genug?
Der thymos-Begriff liefert die Antwort: Weil sie die gleiche Anerkennung bekommen wollten wie der Rest der Gesellschaft. Eingetragene Partnerschaften bieten nahezu dieselben formellen Vorteile, suggerieren aber dennoch einen Unterschied zur heterosexuellen Ehe. Die Bewegung und ihre Unterstützer drängten ihre Regierungen dazu, homosexuellen Paaren die gleiche Anerkennung wie heterosexuellen Paaren zukommen zu lassen.