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Blink 3 of 8 - The 5 AM Club
by Robin Sharma
Wie Sehnsucht und Melancholie uns Halt und Kraft geben
Wir schreiben den 27. Mai 1992. Der sogenannte Bosnienkrieg ist vor wenigen Wochen entbrannt, und Sarajevo befindet sich im Belagerungszustand. Auf den Straßen toben Feuergefechte, und vom Himmel fallen Granaten. Inmitten dieses Chaos versuchen die Einwohner der Stadt, irgendwie zu überleben. Auf einem Marktplatz im Zentrum warten viele von ihnen in einer langen Schlange auf die Brotausgabe eines Bäckers. An den meisten Tagen kehren sie unbehelligt mit Brotlaiben unter dem Arm nach Hause. An anderen Tagen haben sie weniger Glück.
Am 27. Mai 1992 werden vor jener Bäckerei 22 Zivilisten von einer Mörsergranate getötet. Tags darauf bietet die Unglücksstelle einen erschütternden Anblick. Dann erscheint ein Mann in einem Smoking und drapiert einen Plastikstuhl zwischen die Trümmer. Er hat ein Cello dabei und beginnt, das Adagio g-Moll von Albinoni zu spielen. Der Mann heißt Vedran Smailović und spielt in Friedenszeiten im Opern-Ensemble der Stadt. Ab diesem Tag, dem 28. Mai 1992, musiziert er 22 Tage lang in den Trümmern. Einen Tag für jedes der 22 verlorenen Leben.
Die süße Leichtigkeit der Melodien hellt die bittere Szenerie nicht auf. Die Schönheit seines Spiels schmälert nicht die Trostlosigkeit der Zerstörung. Doch das soll sie auch gar nicht. Denn beides hat seinen Platz. Der Schmerz und die Schönheit koexistieren. Sie verschmelzen und verleihen einander noch schärfere Konturen.
In solchen Moment entsteht das Bittersüße – dann, wenn Schwere und Leichtigkeit sich gegenseitig verstärken, statt einander auszulöschen.
Licht und Dunkel. Geburt und Tod. Wir Menschen haben seit jeher ein Gefühl für diese Verwobenheit zwischen dem Bitteren und dem Süßen. Dafür, dass Freude und Kummer untrennbar verbunden sind. Laut einem arabischen Sprichwort gibt es in jedem Leben „Tage voller Honig und Tage voller Zwiebeln“. Wir können lernen, diese Verwobenheit anzunehmen. Wir können sogar lernen, sie zu zelebrieren.
In der japanischen Kultur gibt es die sakura, das Fest der Kirschblüte. Dann kommen die Menschen unter duftenden und opulent blühenden Kirschbäumen zusammen. Andere Pflanzen blühen im Frühling vergleichbar schön, aber die sakura ist den Japanern besonders wichtig, weil sie am kürzesten währt. Die Feier dieser flüchtigen Pracht beschwört ein Gefühl namens mono no aware, was so viel wie bedeutet wie den „sanften Kummer des Wissens darum, dass alles unweigerlich vergeht“.
Das Bittersüße fasziniert uns auch in der Musik, wie eine Studie der University of Michigan belegt. Probanden, deren Lieblingslied fröhlich war, hörten das Stück im Durchschnitt 175 Mal. Dagegen wurden bittersüße Lieblingstitel im Durchschnitt ganze 800 Mal gehört.
Wir alle teilen den Instinkt des Mitgefühls. Er springt an, wenn wir andere Menschen leiden sehen. Er ist so ursprünglich wie unser Instinkt, bei Hunger zu essen oder uns bei Kälte zu wärmen. Unsere Vorfahren überlebten nur, weil ihr Mitgefühl sie dazu brachte, aufeinander aufzupassen. Somit erfüllt die Traurigkeit – die bittere Note des Bittersüßen – eine wichtige evolutionäre Funktion. Der US-amerikanische Psychologieprofessor Dacher Keltner formuliert es so: „Kummer lässt Fürsorge entstehen“. Wenn wir uns des Kummers anderer Menschen annehmen, entstehen Verbindungen. Dann entsteht Gemeinschaft. Und erst wenn wir uns unseres eigenen Kummers annehmen, können wir das Leben in all seinen Facetten erfahren.
Leider hat das Bittere in Kulturen, die wir als „westlich“ bezeichnen, keinen sehr hohen Stellenwert. Dort liegt der Fokus auf Fortschritt und Positivität. Trauer gilt als ein Zustand, den man in Phasen durchläuft und dann zurücklässt. Traumata müssen überwunden werden. Da ist kein Platz für die Grauzonen des Bittersüßen.
Aber was, wenn jeder Freude und jeder Schönheit zwangsläufig etwas Trauriges innewohnt? Vielleicht wird es Zeit, dass wir das Bittersüße annehmen und uns für seine Möglichkeiten öffnen.
Susan Cains Bittersüß (2022) beleuchtet einen häufig übersehenen Bereich des emotionalen Spektrums: das Bittersüße. Jenen Zwischenraum, in dem sich Freud und Leid vermischen. Wir geben unbequemen Gefühlen wie Kummer und Schwere ungern Platz. Dabei gehören sie unweigerlich zum Leben dazu. Sie bedingen sogar all unsere schönen und leichten Empfindungen. Diese Erkenntnis ist der Schlüssel zu einem erfüllten Dasein.
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