Diese Blinks stellen klar: Alles könnte anders sein (2019). Freier und nachhaltiger. Sozial und ökologisch verträglicher, ohne Autos und fiese Luftverschmutzung. Menschlicher und weltoffener, ohne entwürdigende Grenzkontrollen und Flüchtlingskatastrophen. Demokratischer und gerechter, ohne Bankenrettung, krasse soziale Unterschiede und das elende Wettbewerbsdenken, das unser gesellschaftliches Miteinander vergiftet. Klingt nach Wunschdenken? Klar, aber wir müssen unsere Wünsche denken, wenn wir eine bessere Zukunft wollen! Diese Blinks fangen schon einmal damit an.
Harald Welzer ist Soziologe, Sozialpsychologe und Publizist. Er ist außerdem Mitbegründer und Direktor der Stiftung FUTURZWEI, die alternative Lebensstile dokumentiert und fördert. Er lehrt an der Universität St. Gallen und engagiert sich in der Initiative „Die offene Gesellschaft“ für die Demokratie. Als Sachbuchautor hat er bereits mehrere Bestseller wie Selbst denken (2013) und Die smarte Diktatur (2016) veröffentlicht.
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Wenn du das hier liest, geht es dir mit hoher Wahrscheinlichkeit ziemlich gut. Du lebst in einem freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat mit Zugang zu Bildung und medizinischer Versorgung. Deine persönlichen Freiheiten wie das Recht auf Meinungsfreiheit sind per Verfassung geschützt. Du genießt einen hohen Lebensstandard. Doch während wir es uns gemütlich machen, gerät die Freiheit in Gefahr.
Der zivilisatorische Fortschritt im Europa der Nachkriegszeit kann sich sehen lassen. Der Großteil der Westeuropäer lebt in modernen Rechtsstaaten, die ein beachtliches Maß an Sicherheit und Freiheit gewährleisten. Die Lebenserwartung und der medizinische Standard sind so hoch wie nie, während die Kriminalitätsraten seit Jahrzehnten zurückgehen. Es herrscht seit über zwei Generationen Frieden in den meisten Ländern Europas. Zudem leben wir in einer relativ weltoffenen Gesellschaft mit großem durchschnittlichen Wohlstand und stetig wachsendem Bildungsniveau.
Doch all das ist nur die eine Seite der Medaille, denn der wirtschaftliche Fortschritt unserer westlichen Gesellschaft hängt untrennbar mit der schamlosen Ausbeutung der Natur und dem Unglück von Menschen in anderen Regionen zusammen. Wir wissen, dass die natürlichen Rohstoffe endlich sind, und gehen trotzdem verschwenderisch mit ihnen um. Um unseren hohen Lebensstandard zu halten, tun wir so, als gäbe es kein Morgen.
Während wir uns hier über steigende Lebensmittelpreise und Mietspiegel echauffieren, befinden sich anderswo Menschen auf der Flucht. Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen schätzt, dass Anfang 2019 etwa 69 Millionen Menschen weltweit auf der Flucht waren. Die Zahl soll bis 2050 sogar auf 250 Millionen ansteigen. Doch statt den Geflüchteten zu helfen, investieren unsere Regierungen in unmenschliche Maßnahmen: die Abschiebung und Trennung von Familien, die Sicherung der EU-Außengrenzen und den Bau von Zäunen und Mauern.
Ein solches Verhalten ist nicht mit den humanistischen Werten vereinbar, die wir uns stolz auf unsere Fahnen schreiben. Diese Scheinheiligkeit setzt sich im Umgang mit dem Klimawandel fort. Die Erderwärmung und ihre Folgen wie Wasserknappheit und Überschwemmungen könnten bereits innerhalb der kommenden Jahrzehnte die Existenzgrundlage von Millionen Menschen gefährden. Und dennoch hält Deutschland auch weiterhin u.a. an der Kohleenergie fest.
Dass das alles auf lange Sicht nicht gut gehen kann, ist eigentlich allen klar. Aber wenn alle darüber im Bilde sind, warum lassen wir dann trotzdem zu, dass unser Wohlstand auf einer Wirtschaft basiert, die ihre eigenen Grundlagen vernichtet?